Feldpostbrief vom 7. Februar 1915 an Ehemann im Militär-Ausbildungslager Neuburg/Donau

Der Brief ist gerichtet an:
An den Ersatz Reservist Johann Ludwig
Landwehr Inftr. Regt. No. 12 Ers. Batl.
Rekruten Depo. B Abtl. I.
in Neuburg a/Donau.
Das Schreiben wurde von einer Ehefrau verfasst, die sich Sorgen macht, dass ihr Mann, der neu zur Armee eingezogene Johann Ludwig, zu einer Kampfeinheit abgestellt wird und daher nachfragt, ob er eine blaue (die Friedens- und im Krieg Heimatuniform) oder die feldgraue, neu eingeführte Kriegsuniform ausgegeben bekam. Auch, in wie weit er kriegstauglich eingestuft wurde.


              Trogen, den 7. Februar 1915

Mein lieber Johann!
Deinen werten Brief haben
wir gestern mit großer Freude
erhalten, ich habe den roten
Familienunterstützungs-Zettel
schon abgeschickt. Wie Du mir
schreibst l. Joh. seid ihr nur in
Baracken. Ist es denn da wirklich
nicht zu kalt und eingekleidet
seid ihr auch schon, bitte schreibe
mir ob blau oder feldgrau,
und wie hat dich denn der

Arzt befunden. Hoffentlich brauchst
Du nicht mit ins Feld, was habt
ihr jetzt zu tun? Bitte, schreibe
mir das alles! Es freut mich
auch daß Du wieder bei Max Eglter
bist und deinen anderen Kollegen.
Nun will ich dir auch mitteilen
daß dem Max Beger der nur
kurzer Zeit erst wieder ins
Feld kam, eine Granate schwer
verletzt hat, ein Feldgeistlicher
schrieb, daß es ihm die rechte Hand
ganz abgeschlagen hat und die linke
schwer verletzt, er war lange
besinnungslos.

Viele Rekruten sind jetzt da
in Urlaub. Ich habe sie in
der Kirche gesehen. Neues aus
Trogen weiß ich für heute weiter
nichts, nur meine Eltern mußten
gestern schnell ein Schwein
schlachten, es lief in den Hof raus
und brach sich beide hinteren Beine
und das Rückgrat, das andere
hat seit Donnerstag sieben Junge
wo auch deine Mutter sich eines
kauft. Ein junges Schwein,
denk Dir mal eine Seltenheit,
hatte keine Öffnung zum Kotausleeren,
welches heute gar verendet ist.

Es ist heute Sonntag, ich muß Dir
ein paar Zeilen schreiben, da wir
doch die meiste Sehnsucht nach Dir
habe, besonders Karl, weil er doch
immer mit Dir ging und so glücklich
den lieben Sonntag mit einander
verlebten, Gott im Himmel helfe uns
bald wieder dazu.
Meine Eltern lassen vielmals grüßen
und wünschen Dir alles Gute,
so auch Deine Eltern.
So sei nun tausendmal recht
herzlich gegrüßt und geküßt
von Deinem Dich liebenden
Karlchen und Anna.
die frohe Hoffnung auf Wiedersehen
stillt unseren Kummer.

© Horst Decker



 


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