Aufsatz von M. Heins aus Meyerdamm-Achim

M. Heins war eine Schülerin aus Meyerdamm, heute ein Ortsteil von Achim im Kreis Verden. Von ihr ist ein Aufsatzheft von 1918 erhalten. Offenbar ging sie auf eine weiterführende Mädchenschule, denn im Deutsch-Aufsatzheft liegt hinten ein Blatt mit lateinischen Vokabeln. Der erste Aufsatz des Heftes stammt vom 17. Januar 1918 und beschreibt den Weg zur Schule, der mit einer Mitfahrt auf dem Milchabholwagen der Molkerei begann. Wahrscheinlich ein offener Pferdewagen mit Kutschbock und Ladepritsche, denn die wenigen Lastkraftwagen, die es vor 1914 gab, waren im 1. Weltkrieg fast ausschließlich für den Kriegseinsatz beschlagnahmt worden. Mit diesem ging es nach Seebaldsbrück, heute ein Ortsteil von Bremen. Von dort sollte es mit der Kleinbahn weiter weiter gehen. Diese Stecke fiel allerdings wegen betriebsbedingter Störung und starkem Schneefall aus, so dass der gesamte Weg wieder zurück ging.
Der Aufsatz ist in Sütterlin-Schrift verfasst.


M. Heins 17. Januar 1918

Meine Erlebnisse am 16. und 17. Januar 1918.
Am 16. Januar waren meine schönen Weihnachtsferien abgelaufen. Am Abend des 15.dssb. M. -(Anm.:des selbigen Monats)- rüstete ich und legte alles bereit; denn ich wollte schon früh mit dem Milchwagen fahren. In der Nacht vom 15. und 16. Januar hatte es wieder geschneit. Ich stand am Morgen des 16. um 10 Minuten nach 7 auf. Ich zog mich schnell an, ich trank noch eine Tasse Kaffee und aß mein Butterbrot. Es schmeckte mir aber garnicht vor Aufregung. Um 8 1/4 kam der Milchfahrmann . Vater brachte meinen Korb zum Wagen und jetzt konnte die Reise losgehen. Es schneite den ganzen Morgen. Es ließ sich sehr schlecht fahren. Wir kamen zur rechten Zeit in Sebaldsbrück an. Ich stieg vom Milchwagen und ging mit meinem Korb zum Bahnhof, löste mir eine Fahrkarte und ging in den Wartesaal. Der Zug lief pünktlich ein. Ich ging unter den Tunnel durch auf den Bahnsteig und stieg ein. Es war aber sehr kalt im Zuge. Es schneite noch immer unaufhörlich. Überall wurde auf den Bahnhöfen Schnee geschaufelt. Die Geleise waren vielfach verschmiert . (Wir) Ich kam bald mit noch einigen Kameraden, die sich mir auf der Reise zugesellt hatten, in Munster an. Da sagte man uns, wir könnten wieder nachause fahren, da an der Kleinbahn Betriebsstörung sei, und der Verkehr ausfalle. Wir eilten dann wieder vom Kleinbahnbahnhof zum Staatsbahnbahnhof. In zwei Stunden konnten wir wieder zurückfahren. Bald war die Zeit um und der Zug lief ein. Wir stiegen ein und fuhren wieder nach Bremen. Hier sammelten wir uns herbei bis sie alle bis auf mich abfuhren.
Ich ging zu meinem Onkel und schlief dort . Am anderen Morgen ging ich um 2 Uhr fort und fuhr mit der Straßenbahn nach Sebaldsbrück. Hier begegnete ich wieder dem Milchwagen , nur nach Henstedt zur Molkerei: Als wir dort abgefertigt waren, fuhren wir nach Hause. Meine Eltern (sahen) waren ganz erstaunt, daß ich schon wieder da war.

© Horst Decker